Düsseldorf, 05. November 2020 

Wirtschaftliche und ökologische Herausforderungen aufgrund des Klimawandels, der weltweiten Ressourcenverknappung und einer noch nicht ausreichenden Stromversorgung durch erneuerbare Energien rücken die Fertigungstechnologie Rollformen und den Werkstoff Stahl in ein neues Licht. Denn das Blechumformverfahren ist äußerst energieeffizient und leistet damit einen Beitrag zur CO2-Reduktion und zur Erreichung der Klimaneutralität.

Rollformen, auch Walzprofilieren genannt, gehört zu den etablierten Biegeumformverfahren zur Profilherstellung. Ausgangsmaterialien sind Bänder und Bleche hauptsächlich aus Stahl, welche durch Kaltumformen in mehreren Schritten zu unterschiedlichen Profilformen verarbeitet werden. Sie zeichnen sich durch eine besondere Festigkeit und Maßhaltigkeit sowie durch eine sehr hohe Oberflächengüte aus. Zunehmend substituieren rollgeformte Bauteile andere Produkte aus Kunststoffen oder energieintensiven warmgewalzten Materialien. Aus Gründen der Energieeffizienz des Rollformverfahrens und der einzigartigen Recyclingfähigkeit von Stahl leisten kaltgeformte Stahlprofile einen wichtigen Beitrag zur Klimaneutralität.

Energieschonend und klimafreundlich

Rollformprozesse weisen eine äußerst positive Umweltbilanz auf. So fällt beim klassischen Rollformen die Materialausnutzung verfahrensbedingt sehr hoch aus und kommt der 100%-Grenze nahe. Auch bezüglich des Energiebedarfs hat das Kaltumformverfahren den Vorteil, dass der Prozess bei Raumtemperatur stattfindet und das Blech oder Band nicht erwärmt werden muss. Neben der Umformenergie wird Energie lediglich für die Transport- und Beschleunigungsvorgänge von Profilmassen, Werkzeugen und mitfahrenden Maschinenteilen benötigt. Nebenprozesse gibt es nicht. Positiv wirken sich auch die geringen Rollreibungsverluste aufgrund kleiner Reibflächen aus. Der energetische Wirkungsgrad ist daher ausgesprochen hoch und das Verfahren insgesamt als klimafreundlich einzustufen.

Preiswert und in vielen Branchen einsetzbar

Insbesondere stellen rollgeformte Profile aus Stahl eine sehr wirtschaftliche und obendrein ökologische Alternative zu Aluminium-Strangpressprofilen, PET oder Verbundstoffen wie z.B. Polyurethanen dar. Mit speziell entwickelten hoch- bzw. höchstfesten und gleichzeitig dünnwandigen Stahlgüten können Kaltprofile in einem sehr günstigen Verhältnis von Werkstoffgewicht zu Festigkeit hergestellt werden. Dies ist nicht nur für den Leichtbau interessant. Von der Automobilindustrie über das Baugewerbe bis zur Elektro- und Möbelindustrie nutzen nahezu alle Branchen und Industriezweige durch Rollformen hergestellte Produkte. Signifikant ist dabei, dass sich auch verzinkte und endlackierte Oberflächen für den Profilierungsprozess bestens eignen und sehr gut zu verarbeiten sind. Rollgeformte Profile brauchen nicht nachbehandelt zu werden, sondern sind in der Regel einbaufertig.

Recycling verbessert die Ökobilanz von Stahl

Stahl ist mit großem Abstand der am häufigsten wiederverwertete Werkstoff. Er behält auch nach dem Recycling seine Qualitätseigenschaften bei und kann daher unbegrenzt oft eingeschmolzen werden. Bereits heute wird weltweit durch eine etablierte Schrott- und Recyclingwirtschaft Stahlschrott wiederverwertet. Je häufiger Stahl recycelt wird, desto kleiner wird sein ökologischer Fußabdruck, denn die CO2-Emissionen bei der Herstellung einer Tonne Stahl liegen beim Multirecycling um rund 50 Prozent niedriger als bei der Primärproduktion. Eine Studie der Technischen Universität Berlin1 kommt zu dem Ergebnis, dass für eine Tonne Stahl weniger als 1.000 Kilogramm CO2 anfallen, bezogen auf die Gesamtlebenszeit. Vergleicht man die Ökobilanz verschiedener Roh- bzw. Werkstoffe bei der Primärerzeugung, so entsteht bei Aluminium etwa die vierfache Menge CO2, bei kohlefaserverstärktem Kunststoff (CFK) sogar die fünf- bis sechsfache Menge CO2 im Vergleich zu Stahl2. Der Tata Steel Konzern untersuchte 2013 den nachhaltigen Stahleinsatz im Fahrzeug3 und verweist auf die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Betrachtung der Energie- und CO2-Bilanzen: „Der Werkstoff Stahl zeichnet sich im Vergleich zu Aluminium und den Verbundwerkstoffen durch sein wettbewerbsfähiges Gewicht, geringere Kosten und ganzheitlich betrachtet niedrigere Umweltbelastungen aus.“

Rollformen bietet Zukunftspotential

Charakteristisch für das klassische Rollformen ist ein konstanter Querschnitt über die Profillänge. Sowohl hochkomplexe als auch besonders steife Profile lassen sich ökonomisch herstellen, wenn weitere Fertigungsverfahren wie Stanzen, Lochen, Prägen, Falten, Schweißen oder Lasern vor, während oder nach dem Profilierprozess ausgeführt werden. Die Varianz der Anarbeitungen ist einzigartig. Speziell das Stanzen und die Verformung zu äußerst engen Radien kann mit der Papierfalttechnik Origami verglichen werden. So entstehen im Endlosprozess Profile, die mit anderen Verfahren nicht oder nur mit großem Aufwand hergestellt werden können. Auch digitale Innovationen der Industrie 4.0 tragen zur weiteren Flexibilität des Rollformens bei. Vollautomatisierte, multifunktionale Profilieranlagen ermöglichen schon heute die Fertigung in Losgröße Eins bzw. die Produktion verschiedener Teile nacheinander in gemischter Abfolge. Hiermit ist das Potenzial dieser Technologie aber bei weitem noch nicht ausgereizt. Mit dem sogenannten flexiblen Walzprofilieren, auch 3D-Walzprofilieren genannt, können durch verstellbare Walzgerüste auch über der Längsachse diskontinuierliche Querschnitte hergestellt werden. Auf diese Weise lassen sich belastungsoptimierte Profile herstellen und weitere Gewichtseinsparungen von über 20 Prozent erreichen.

Das Rollformverfahren erfüllt nicht nur sämtliche Anforderungen an ein energiesparendes und umweltfreundliches Herstellverfahren, es ist darüber hinaus auch preiswert und äußerst flexibel. Vor allem Bänder und Bleche aus Stahl bieten eine herausragende Ökobilanz, weit vor Aluminium, Kunststoffen und Verbundwerkstoffen. 

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